Ich habe, wie ich kürzlich bereits erwähnt habe, auf den Chemnitzer Linux-Tagen die erste LPI-Prüfung abgelegt. Die LPI ist eine Institution, die Zertifizierungen für Linux-Kenntnisse anbietet. Es existieren verschiedene Levels, nach Bestehen der zweiten Prüfung darf ich mich dann LPIC-1 nennen.
Zwar darf ich natürlich zu konkreten Inhalten der Prüfungsfragen nichts sagen (das muss man während der Prüfung unterschreiben), möchte aber dennoch einige allgemeine Anmerkungen dazu loswerden.
Zunächst mein Haupt-Kritikpunkt: Die Prüfung bezieht sich auf alte Inhalte, und zwar auf sehr alte. Eine Frage bezog sich auf Spezifika eines 2.0-Kernels. Ich erinnere mich noch dunkel, dass zu der Zeit, als ich gerade mal anfing, mich mit Linux zu beschäftigen, gerade das Neuerscheinen von Kernel 2.4.0 ein heißes Thema war. Das ist nun schon knapp 10 Jahre her. Das war sicher das extremste Beispiel, aber es zieht sich durch mehrere Fragen durch. Nehmen wir jemanden, der sich sehr kompetent mit Linux auskennt, aber sich vielleicht erst seit 3 Jahren mit Linux beschäftigt. Er hätte schlicht das Problem, dass ihm xfree86 einfach nie begegnet ist. Bei den nicht gerade günstigen Preisen der Prüfung hätte ich schon erwartet, dass sie halbwegs dem aktuellen Stand der Entwicklung entsprechen.
Ein weiterer, sicher schon oft genannter Kritikpunkt, ist die Frage der (nicht vorhandenen) Distributions-Neutralität. Im Flyer des LPI wird explizit damit geworben wird, dass die Zertifizierungen Distributions-übergreifend seien. Das ist, um es deutlich zu sagen, schlicht gelogen. Es handelt sich nur um einen kleinen Teil der Fragen (bzgl. rpm), die man auch einfach weglassen könnte, es würde der Prüfung nichts nehmen.
Jenseits dessen noch eine eher grundsätzliche Anmerkung: Große Teile der Prüfung beziehen sich auf das mehr oder weniger Ausweniglernen von Befehlen und Parametern. Das ist natürlich komplett realitätsfern. In jeder realen Situation, in der meine Linux-Kompetenz gefordert ist, habe ich natürlich die Möglichkeit, mir die man-Pages und Dokumentationen von Programmen anzusehen. Insofern sollte man sich klar sein, dass ein LPI-Zertifikat auch nur sehr beschränkt Auskunft darüber gibt, wie fähig man tatsächlich mit einem Linux-System umgehen kann.