In Berlin fand gestern eine erfreulich gut besuchte Fahrrad- und Skaterdemonstration gegen den Weiterbau der Autobahn A 100 statt. Die A 100 führt im Moment südlich an Berlin vorbei und soll von Neukölln über Treptow bis Friedrichshain verlängert werden.
Der Widerstand wird zur Zeit vor allem von einer lokalen Bürgerinitiative (
Bürgerinitiative Stadtring Süd) getragen. Diese ruft im Moment vor allem dazu auf, beim bevorstehenden Planfeststellungsverfahren Einwendungen einzureichen. Völlig im klaren darüber, dass derartige Einwendungen ein solches Projekt nicht verhindern können und allenfalls politische Bedeutung haben, habe ich mich dennoch bemüht, meine Gründe für die Ablehnung auf Papier zu bringen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Hiermit erkläre ich meinen Widerspruch zum Weiterbau der Autobahn A100 in Berlin.
Mein Widerspruch begründet sich durch die dramatische Situation bzgl. der fortschreitenden Klimakatastrophe. Im Jahr 2007 veröffentlichte das UN-Wissenschaftsgremium IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) seinen regelmäßigen Bericht [1]. Danach gilt es als allgemein anerkannter wissenschaftlicher Konsens, dass die CO2-Emissionen weltweit um mindestens 60 - 90 % gesenkt werden müssen, um auch nur die dramatischsten Folgen dieser Entwicklung aufzuhalten.
Seit dem IPCC-Bericht gibt es mehrere neue Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass selbst dieser Bericht zu kurz greift und die Entwicklung bereits weiter fortgeschritten ist als vor zwei Jahren angenommen. So veröffentlichte etwa die NASA Anfang April Satellitenbilder vom Ausseinanderbrechen des so genannten Wilkins-Schelfs in der Antarktis [2].
Besonderes Augenmerk muss auch auf die mögliche Entwicklung von Rückkopplungseffekten gelegt werden. Durch Abschmelzen von Eismassen werden Sonnenstrahlen weniger reflektiert, was eine weitere Erwärmung zur Folge hat. Ein Auftauen der Permafrostböden in der Arktis würde in großen Maße ebenfalls den Treibhauseffekt anheizendes Methan freisetzen. Sind derartige Rückkopplungseffekte einmal in Gange, wird es vermutlich unmöglich sein, durch menschliches Handeln die Klimakatastrophe aufzuhalten (das Erreichen so genannter "Tipping Points" [3]).
Der Verkehrssektor trägt mit etwa 20 % einen großen Anteil an den Emissionen von Treibhausgasen. Deshalb ist es völlig eindeutig, dass der Anteil des motorisierten Individualverkehrs drastisch gesenkt werden muss. In einer solchen Situation ist es geradezu absurd, den weiteren Ausbau von Autobahnen zu genehmigen.
Mit freundlichen Grüßen,
Johannes Böck
Quellen:
[1] Climate Change 2007 Synthesis Report, IPCC, http://www.ipcc.ch/ipccreports/ar4-syr.htm
[2] Wilkins Ice Bridge Collapse, NASA, http://www.nasa.gov/mission_pages/IPY/multimedia/ipyimg_20090408.html
[3] Imprecise probability assessment of tipping points in the climate system, Proceedings of the National Academy of Sciences, http://www.pnas.org/content/early/2009/03/13/0809117106.abstract