Dass grüner Strom nicht immer so grün ist, wie er manchmal vorgibt, das hat sich inzwischen herumgesprochen. Zum ersten Mal begegnet ist mir das Phänomen, als Yellow Strom vor Jahren verkündete, plötzlich einen erklecklichen Wasserkraftanteil in seinem Strom zu haben. Recherchen stellten dann fest, dass dieser (virtuell) in Norwegen gekauft wurde (wo der Wasserkraftanteil sehr hoch ist und keine Atomkraftwerke stehen), wofür dann im Gegenzug Atomstrom nach Norwegen verkauft wurde.
Inzwischen ist dieses Verfahren in Europa institutionalisiert und nennt sich Renewable Energy Certificate System (RECS). Besser wird es dadurch natürlich auch nicht. Jedoch scheint es ein populärer Irrtum zu sein, was nicht RECS ist, ist dann automatisch irgendwie gut. So las ich
auf telepolis:
Strato als größter Provider hierzulande stellte jetzt imagefördernd ebenfalls auf Grünstrom um und bezieht seinen Strom aus Wasserkraftwerken am Rhein. Der Umstieg auf regenerativ erzeugten Strom wird sich rechnen: Der Preisunterschied zwischen konventionell und regenerativ erzeugtem Strom ist minimal und der Imagegewinn groß. [...]
Medienwirksam stieg jetzt auch der weltgrößte Chiphersteller Intel auf den neuen Trend ein und verkündete den Umstieg auf Grünstrom, leider nur nominell per RECS-Zertifikate (frei handelbare Herkunftsnachweise), was dem neuen grünen Image aber keinen Abbruch tut. Denn kaum jemand wird genau nachfragen.
Liest man das, hört sich das ungefähr so an: Strato gut, Intel schlecht. Ist aber leider falsch. Ist beides Humbug.
Strato hat vor einigen Monaten medienwirksam seinen Wechsel zu Ökostrom von der Naturenergie AG bekannt gegeben, Hetzner zog kurze Zeit später nach (womit auch dieses Blog mit »Grünstrom« von der Naturenergie AG betrieben wird). Die Naturenergie AG ist im wesentliche eine Tochtergesellschaft der EnBW (für die Pedanten: Eine 100%ige Tochter der Energiedienst Holding AG, diese wiederum gehört zu 75% der EnBW). Die EnBW wiederum ist alles, aber sicher kein Öko-Unternehmen (auch wenn Al Gore das vielleicht glaubt).
Der Trick bei der Sache ist nun: Die Naturenergie AG braucht überhaupt keinen RECS-Zertifikatehandel. Das geht nämlich alles unternehmensintern. Kaufen mehr Kunden bei der Naturenergie AG teuren Ökostrom (der sowieso produziert wird), dann wird eben virtuell mehr Atom- und Kohlestrom an die gewöhnlichen EnBW-Kunden verkauft. Der Umwelt hilft das reichlich wenig. Der Knackpunkt ist letztendlich, wofür das eingenommene Geld und gemachter Gewinn reinvestiert wird.
Nun wird der ein- oder andere vielleicht die löblichen Investitionen der Naturenergie AG und EnBW erwähnen, etwa den Neubau des Wasserkraftwerks Rheinfelden (100 MW). Dem gegenüber steht der Neubau eines Kohlekraftwerksblocks in Karlsruhe (900 MW), am Neubau eines Kohlekraftwerks in Mannheim ist die EnBW mit 32% Anteil an der Großkraftwerk Mannheim AG (900 MW) ebenfalls beteiligt.
Man kann es drehen und wenden wie man will, will man ernsthaft etwas für die Umwelt und den Klimaschutz tun, man kann nur solche Angebote von Ökostrom ernst nehmen, die von Unternehmen ohne Verstrickungen mit der Kohle- und Atomwirtschaft angeboten werden. Meine größten Sympathien haben immer wieder die
Energiewerke Schönau, deren Initiatoren ich schon persönlich kennenlernen durfte. Die EWS hat insbesondere eine Tarifstruktur, die für Kleinabnehmer günstig ist.
Greenpeace Energy kann man ebenfalls wohl bedenkenlos vertrauen.