Tuesday, May 20. 2008EsoWatch
Bei meinen diversen Aktivitäten vor allem in der Umweltbewegung war ich des öfteren damit konfronitiert, mich mit allerlei seltsamen Strömungen aus esoterischen Kreisen, Sekten und ähnlichem kritisch zu befassen. Schon in der Vergangenheit verspürte ich ab und an den Wunsch, eine Art zentralisierte Informationssammlung, möglichst in Wiki-Form, zu derartigem zu erstellen.
Kürzlich wurde ich durch telepolis darauf aufmerksam, dass es ein Projekt, welches relativ genau dem entspricht, was ich mir da vorstellte, bereits gibt: EsoWatch, das Wiki der irrationalen Überzeugungssysteme Dort schreibe ich nun auch mit. Gefreut hat mich bereits, dass vor einigen Tagen beschlossen wurde, eine freie Lizenz (FDL) zu verwenden (vorher gab es keine Lizenzinformationen). Im Moment stört mich noch, dass an einigen Stellen eher Polemik statt Fakten zu finden ist, langfristig würde ich eine Annäherung an den NPOV (Neutraler Standpunkt) der Wikipedia für wünschenswert halten (wobei »Neutralität« natürlich für sich ein nicht unkritisches Konzept ist, selbige kann es qua Definition nicht geben). Wednesday, April 16. 2008Richtervorbehalt
Auf telepolis findet man heute einen lesenswerten Artikel zum Thema »Richtervorbehalt«. Aufgegriffen wird darin unter anderem ein Fall, über den gulli vor einiger Zeit schon berichtete, der aber sonst trotz seiner Brisanz kaum Medienpräsenz erhielt: Ein Mensch wurde mit einer Hausdurchsuchung bedacht, weil unter Angabe seiner eMail-Adresse Leistungen genutzt und nicht bezahlt wurden. Es lag nicht der geringste technische Hinweis vor, dass der Inhaber der Mailadresse auch tatsächlich der Schuldige sei. Trotzdem unterschrieb ein Richter den Hausdurchsuchungsbefehl, der Begriff »Rechtsbeugung«, den telepolis hier verwendet, ist wohl treffend.
Das Problem ist nun, dass man in solchen Fällen zwar eigentlich Recht hat, aber dies einem eigentlich nichts nützt. Denn weder der Richter, noch die durchführenden Organe haben in solchen Fällen irgendetwas zu befürchten (»Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus«). Ähnlich ja auch geschehen bei den Massenhausdurchsuchungen im Vorfeld des G8-Gipfels, die zwar anschließend für rechtswidrig erklärt wurden, was jedoch für niemanden Konsequenzen hatte. Desweiteren macht der oben genannte Fall auf eine Problematik aufmerksam, die sich in Zukunft noch verschärfen dürfte (Stichwort »Urheberrechtsnovelle«): Ein Richter wird mit einem Fall betraut, der eigentlich eines gewissen technischen Sachverstandes bedarf, um überhaupt eine adäquate Einschätzung zu geben. Es ist vermutlich zu erwarten, dass die Sensibilität hierfür nicht gerade steigt, wenn es »nur« um den massenhaften Abruf von Verkehrsdaten beim Provider geht, der ja durch die kürzlich verabschiedete Urheberrechtsnovelle ermöglicht werden soll. Bei der Debatte um die diversen Verschärfungen von Sicherheitsgesetzen wird der Richtervorbehalt oft genug als Allheilmittel gegen Mißbrauch angesehen - warum eigentlich?
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Tuesday, April 8. 2008Monsanto, Burson Marsteller und ein »Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik e. V.«
Für meine geneigten Leser, denen die Firma Burson Marsteller kein Begriff ist: Burson Marsteller bezeichnet sich selbst als »zu den führenden Public Relations Agenturen und Unternehmensberatungen für Kommunikation« gehörend. Burson Marsteller verkauft Image. Burson Marsteller hat eine illustre Liste von Kunden: Die für die Chemiekatastrophe in Bhopal zuständige Firma »Union Carbide«, den Betreiber des Katastrophen-Atomreaktors von Three Mile Island, die »Global Climate Coalition«, einst prominenteste Stimme der sogenannten Klimaskeptiker oder den nigerianische Diktator Yakubu Gowon [1].
In den 90er Jahren machte ein internes Papier von Burson Marsteller Furore [2], welches an die Öffentlichkeit gelangte. Darin wurden Strategievorschläge für die Durchsetzung der Gentechnologie gemacht. Auftraggeber war die Organisation »EuropaBio«, ein Zusammenschluss diverser Größen der Biotechnologie: Bayer, BASF, Syngenta, Monsanto. Soviel als Hintergrundinformation zu Burson Marsteller. Heute erhielt ich einen Anruf mit der Bitte, ich möge doch recherchieren, ob der »Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik e. V.« direkt mit Monsanto in Verbindung steht. Es sei jemandem aufgefallen, dass die IP-Adressen ähnlich aussehen. Tatsächlich unterschieden sich die beiden Adressen nur in einer Stelle, verantwortlich für beide: Eine Firma mit Namen »Interactive Dialog«. Besucht man deren Webseite, erscheint sie einem zunächst wie jede gewöhnliche Internetagentur. Erst die Liste der Referenzen bringt dann interessantes zu Tage: Den oben genannten Wissenschaftlerkreis erwähnt man nicht, Monsanto sehr wohl, daneben eine Reihe anderer Firmen im Bereich der sogenannten Biotechnologie. Und eben auch: Burson Marsteller. Zufall? Der »Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik e. V.« wird geleitet vom Karlsruher Professor Dr. Klaus-Dieter Jany, der als sehr aggressiver Befürworter der grünen Gentechnik gilt und selbst Freisetzungsversuche in Rheinstetten bei Karlsruhe betreibt, ebenso im Vorstand der Verantwortliche für die Freisetzungsversuche im schwäbischen Oberboihingen, Prof. Dr. Andreas Schier. Die Genforscher geben sich gerne als Menschen, die lediglich das beste wollen. Dass sie von ihren Auftraggebern und Unterstützern eher ungern sprechen, mag daran liegen, dass die Firma, die »Agent Orange« produziert hat, nicht in das Bild der falsch verstandenen Weltverbesserer passt. Dass eine Organisation wie der »Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik e. V.« eine Industriegründung ist, überrascht wenig, mehr schon, dass es so plump geschieht, dass es mit ein bißchen Internetrecherche herauszufinden ist. [1] http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/wyhl-vietnam-neue-akw.html [2] http://www.aktionsbuendnis.net/Firmen/Burson%20Marsteller/empfehlu.htm Saturday, April 5. 2008Sexismus im Schwäbischen Tagblatt
Von der Genfeld-Besetzung habe ich ja gestern berichtet. Im Schwäbischen Tagblatt weiss man die Aktion mit einer Kurzmeldung zu würdigen, die mit den Worten endet:
Da die Aktivisten einen Polizeieinsatz befürchten, haben sie eine Konstruktion aus drei Fichtenstämmen aufgestellt, auf dessen Plattform zwei junge Männer Wache halten. Nun halte ich persönlich die Frage, welchen Geschlechts die Menschen auf dem Tripod sind, für eher wenig relevant, jedoch ist dies schlicht und ergreifend falsch. Das mag das Weltbild der Schreiberlinge vom Schwäbischen Tagblatt überfordern, aber sämtliche Menschen, die den Turm »bewachten«, waren dem biologisch weiblichen Geschlecht zuzuordnen. Friday, April 4. 2008Erster Morgen auf dem besetzten Genfeld
Vergangene Nacht wurde in Oberboihingen (nähe Stuttgart, zwischen Wendlingen und Nürtingen) ein Feld der FH Nürtingen besetzt, auf dem in den vergangenen Jahren MON810-Mais von Monsanto angebaut wurde.
Die Stimmung ist gut, die lokale Presse war heute früh gut vertreten. Einige Aktivisten wollen so lange wie notwendig ausharren. In Gießen wird bereits seit einer Woche ebenso ein Feld (dort geht es um Versuche mit Gerste) besetzt, es deutet sich an, dass der Versuch dort abgesagt wird. Verstärkung ist natürlich erwünscht, vom Bahnhof Wendlingen ist das Feld gut zu Fuß erreichbar, heute abend gibt es Vorträge und ab 0:00 Uhr eine Goa-Party auf dem Feld. Meldung mit Wegbeschreibung bei Gendreck Weg Bilder von mir zur freien Verwendung mit Quellenangabe.
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Wednesday, March 19. 2008Die Speicherung ist das Problem, nicht der Abruf
Das Bundesverfassungsgericht hat zur Vorratsdatenspeicherung gesprochen. Leider alles andere als positiv. Was ich befürchtet habe, ist eingetreten, wie schon bei der Onlinedurchsuchung oder der Kennzeichenerfassung sprach das höchste Gericht einen faulen Formelkompromiss. Allerdings ist dieser noch deutlich fauler als die bisherigen.
Auch wenn der AK Vorrat selbst dies als Sieg verkaufen will, ich sehe das deutlich anders und versuche darzulegen wieso. Kurz gesprochen lautet die Entscheidung: Gespeichert wird weiterhin, einzig der Abruf bleibt auf schwere Straftaten beschränkt. Eine endgültige Entscheidung gab es noch nicht, diese wird erstmal auf die lange Bank geschoben, insofern ist natürlich jede Einschätzung nicht endgültig und ich widerrufe alles hier gesagte, sollte das BVerfG. in absehbarer Zeit weiteres entscheiden. Das Kern des Problems: Das BVerfG. sieht einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff erst beim Abrufen der Daten, insofern beschränkt es diese auf schwere Verbrechen. So interpretiert etwa ein ARD-Rechtsexperte: »Dass die Verbindungsdaten bis auf weiteres sechs Monate lang gespeichert - allerdings nicht ausgewertet - werden. Es sei denn, der Bürger gerät in Verdacht, eine schwere Straftat begangen zu haben. Dann muss ein Richter anordnen, dass die Verbindungsdaten den Ermittlern zugänglich gemacht werden.« Das ist nun aber, gelinge gesagt, völliger Blödsinn. Es macht nur dann Sinn, wenn man davon ausgeht, dass ein Mißbrauch der Daten prinzipiell auszuschließen ist. Angesichts der Häufigkeit, in der gehackte Foren, größere Kundendaten von Unternehmen etc. immer mal wieder auftauchen, kann das nur glauben, wer die Realität vollkommen ausblendet. Genau aus diesem Grund spricht man bei sinnvollem Datenschutz vom Konzept der Datensparsamkeit: Daten, die nicht erhoben werden, können auch nicht mißbraucht werden. Wenn sensible Daten erhoben werden, werden sie genutzt, mit hoher Warscheinlichkeit auch außerhalb ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung. Dass das BVerfG. den Grundsatz der Datensparsamkeit mit seiner Entscheidung offensichtlich nicht beachtet, das ist das traurige an der heutigen Entscheidung. Für die »Datenschutzbewegung«, den AK Vorrat und andere, stellt sich hier natürlich eine nicht unkritische Strategiefrage. Bislang galt das BVerfG. immer als letzte Hoffnung für den Datenschutz (was ja in mehreren Fällen der Vergangenheit durchaus berechtigt war). Meiner Ansicht nach täte nach dieser Entscheidung eine kritischere Haltung dem höchsten Gericht gegenüber Not. Das dies nicht einfach ist, als gesellschaftlich zwar wachsende aber immer noch schwache Strömung, die die große Mehrheit beider Volksparteien gegen sich hat, versteht sich. (Hier stand noch ein Satz mit Link zu dieser Meldung, wo ich aber zugegebenermaßen unsauber recherchiert habe: Die Meldung ist zwei Jahre alt und wurde längst dementiert.) Update: Bei den Piraten sieht man das Urteil ähnlich kritisch, lesenswert.
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Sunday, March 16. 2008»Für ein Morgen in Freiheit« in Köln
Unter dem Motto Für ein Morgen in Freiheit gingen gestern circa 2000 Menschen für Datenschutz und gegen Überwachung in Köln auf die Straße.
Ich könnte nun über die übliche Promifixierung rumnörgeln (ein »Ordner« wies mich an, ich solle doch bitte nicht vor den Promis laufen, damit die Presse die besser ablichten kann), die Tatsache, dass Volker Beck zwar die Doppelzüngigkeit der FDP anprangerte (deren Innenminister in NRW für das kürzlich gekippte Gesetz verantwortlich war, was ich bislang auch nicht wusste), aber wohl die Historie rot-grüner Bürgerrechtspolitik vergaß (Biometriepass, Anti-Terror-Pakete). Aber das nur am Rande. Erwähnenswert scheint mir noch, dass eine Gruppierung, die sich Anti-Genozid-Bewegung nennt, dort massiv aufschlug (Link erscheint mir der Nachvollziehbarkeit halber notwendig, auch wenn mir bewußt ist, dass ich deren PR dadurch erhöhe). Ich zitiere einfach mal eines ihrer in großer Anzahl vorhandenen Pamphlete: Seit 2000 Jahren weiß alle Welt, dass es jedem Menschen, der an den Gott der Bibel glaubt, strikt untersagt ist, irgendein Kontrollsystem, ein Charagma oder ein Erkennungs-Merkmal an seinem Leib anzunehmen, weder in Form einer sicht- oder unsichtbaren Tätowierung, noch eines unter die Haut gestochenen Chips. Wider dieses Wissen wird dennoch zielstrebig an der Entwicklung eines RFID-Chip (Radio Frequenz Identifikation) bzw. RFID-Tintendrucks gearbeitet, der in absehbarer Zeit als Kontrollorgan auf den Körper bzw. auf die rechte Hand oder Stirn aller Erdenbürger angebracht werden soll.(1) Allen Protesten zum Trotz zeichnet sich klar ab, dass vor allem christlich Denkende schon im Vorfeld mit brachialer Gewalt öffentlich niedergemacht, als Rebellen, als Verschwörungstheoretiker oder Fundamentalisten gebrandmarkt und diskriminiert werden.(2) Ist es statthaft, im Zeitalter der Anti-Diskriminierungsgesetze, eine Gleichschaltung aller Erdbewohner mit Mitteln voranzutreiben, die die Glaubensfreiheit kreuzigen und voraussehbar zu Ausgrenzungen und Sanktionen auf allen Ebenen des Menschseins führen? Soll ein unausweichlicher Holocaust an Bibelgläubigen verhindert werden, müssen Gesellschaft und Politik rechtzeitig jede weitere Entwicklung des RFID- bzw. VeriChips oder Tintendrucks etc. entsprechend unterbinden.(3) Jede rücksichtslose Weiterentwicklung wider besseres Wissen um diesen Tatbestand aber muss dringend als potentiell terroristische Zurüstung und Zeugung eines vorsätzlichen Genozids erkannt und behandelt werden. So weit, so durchgeknallt. Ich denke im Detail darauf einzugehen lohnt kaum, sämtliche Texte strotzen vor inhaltlichen Fehlern und grammatikalischen Unzulänglichkeiten (zumindest fand ich bisher Tindendruck eher wenig bedrohlich). Selbige Gruppe tauchte übrigens schon auf der Demo am 6.11.2007 in Stuttgart, allerdings waren die dort irrelevant (1-2 flyerverteilende Menschen) und erschienen mir nicht weiter beachtenswert. Im Unterschied dazu tauchte selbige Gruppierung gestern massiv (geschätzt mehrere hundert Menschen, also durchaus ein relevanter Anteil der Demo) auf. Erschreckend, dass eine Gruppierung, die derart offensichtlich durchgeknallt ist, derartige Mobilisierungskraft entfaltet. Der durch Religiosität mobilisierbare Wahn kann einen jedesmal erneut erschrecken.
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Friday, March 7. 2008Faith Fighter
Ich bewerbe ja eher selten Flash-Spiele, aber heute gibt's ne Ausnahme: Faith Fighter, die ultimative Alternative zu Religionskriegen. Im Style von alten Street Fighter-Spielen kann man zwischen verschiedenen religiösen Führern wählen (Gott, Jesus, Buddha, Mohammed, ...) und sich im Straßenkampf messen, natürlich mit den für das Genre üblichen Special Moves.
Das ganze stammt von einer italienischen Gruppe mit Namen »La Molleindustria«, die Computerspiele als politische Ausdrucksform begreift. Operation: Pedopriest von der selben Gruppe hat's schon bis zu einem im Parlament verhandelten Skandal geschafft. We believe that the explosive slogan that spread quickly after the Anti-WTO demostrations in Seattle, »Don't hate the media, become the media,« applies to this medium. Leider funktionierte das Spiel im moment weder in gnash noch swfdec (freie Flash-Player), jedoch wies mich ein swfdec-Entwickler darauf hin, dass die EXE-Version des Spiels problemlos mit WINE läuft. (via telepolis)
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Tuesday, March 4. 2008Grüner und scheingrüner Strom
Dass grüner Strom nicht immer so grün ist, wie er manchmal vorgibt, das hat sich inzwischen herumgesprochen. Zum ersten Mal begegnet ist mir das Phänomen, als Yellow Strom vor Jahren verkündete, plötzlich einen erklecklichen Wasserkraftanteil in seinem Strom zu haben. Recherchen stellten dann fest, dass dieser (virtuell) in Norwegen gekauft wurde (wo der Wasserkraftanteil sehr hoch ist und keine Atomkraftwerke stehen), wofür dann im Gegenzug Atomstrom nach Norwegen verkauft wurde.
Inzwischen ist dieses Verfahren in Europa institutionalisiert und nennt sich Renewable Energy Certificate System (RECS). Besser wird es dadurch natürlich auch nicht. Jedoch scheint es ein populärer Irrtum zu sein, was nicht RECS ist, ist dann automatisch irgendwie gut. So las ich auf telepolis: Strato als größter Provider hierzulande stellte jetzt imagefördernd ebenfalls auf Grünstrom um und bezieht seinen Strom aus Wasserkraftwerken am Rhein. Der Umstieg auf regenerativ erzeugten Strom wird sich rechnen: Der Preisunterschied zwischen konventionell und regenerativ erzeugtem Strom ist minimal und der Imagegewinn groß. [...] Medienwirksam stieg jetzt auch der weltgrößte Chiphersteller Intel auf den neuen Trend ein und verkündete den Umstieg auf Grünstrom, leider nur nominell per RECS-Zertifikate (frei handelbare Herkunftsnachweise), was dem neuen grünen Image aber keinen Abbruch tut. Denn kaum jemand wird genau nachfragen. Liest man das, hört sich das ungefähr so an: Strato gut, Intel schlecht. Ist aber leider falsch. Ist beides Humbug. Strato hat vor einigen Monaten medienwirksam seinen Wechsel zu Ökostrom von der Naturenergie AG bekannt gegeben, Hetzner zog kurze Zeit später nach (womit auch dieses Blog mit »Grünstrom« von der Naturenergie AG betrieben wird). Die Naturenergie AG ist im wesentliche eine Tochtergesellschaft der EnBW (für die Pedanten: Eine 100%ige Tochter der Energiedienst Holding AG, diese wiederum gehört zu 75% der EnBW). Die EnBW wiederum ist alles, aber sicher kein Öko-Unternehmen (auch wenn Al Gore das vielleicht glaubt). Der Trick bei der Sache ist nun: Die Naturenergie AG braucht überhaupt keinen RECS-Zertifikatehandel. Das geht nämlich alles unternehmensintern. Kaufen mehr Kunden bei der Naturenergie AG teuren Ökostrom (der sowieso produziert wird), dann wird eben virtuell mehr Atom- und Kohlestrom an die gewöhnlichen EnBW-Kunden verkauft. Der Umwelt hilft das reichlich wenig. Der Knackpunkt ist letztendlich, wofür das eingenommene Geld und gemachter Gewinn reinvestiert wird. Nun wird der ein- oder andere vielleicht die löblichen Investitionen der Naturenergie AG und EnBW erwähnen, etwa den Neubau des Wasserkraftwerks Rheinfelden (100 MW). Dem gegenüber steht der Neubau eines Kohlekraftwerksblocks in Karlsruhe (900 MW), am Neubau eines Kohlekraftwerks in Mannheim ist die EnBW mit 32% Anteil an der Großkraftwerk Mannheim AG (900 MW) ebenfalls beteiligt. Man kann es drehen und wenden wie man will, will man ernsthaft etwas für die Umwelt und den Klimaschutz tun, man kann nur solche Angebote von Ökostrom ernst nehmen, die von Unternehmen ohne Verstrickungen mit der Kohle- und Atomwirtschaft angeboten werden. Meine größten Sympathien haben immer wieder die Energiewerke Schönau, deren Initiatoren ich schon persönlich kennenlernen durfte. Die EWS hat insbesondere eine Tarifstruktur, die für Kleinabnehmer günstig ist. Greenpeace Energy kann man ebenfalls wohl bedenkenlos vertrauen. Wednesday, February 27. 2008Gedanken zur Onlinedurchsuchung
Heute früh hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, das ganze so, dass jeder sich ein bißchen als Sieger fühlen darf. Grob lautet das Urteil, dass Onlinedurchsuchungen zwar prinzipiell zulässig sind, aber nur unter extrem eingeschränkten Bedingungen und mit Richtervorbehalt. Letzterer wird leider allzu oft als Allheilmittel gegen Mißbrauch gesehen, was sich dummerweise mit der Realität äußerst selten deckt.
Das Problem, was ich bei Diskussionen über die sogenannte »Onlinedurchsuchung« erlebe, ist, dass meine Hauptbedenken erst da anfangen, wo das technische Verständnis der meisten anderen (insbesondere auch der entscheidenden Politiker) längst aufgehört hat. Ich gebe mich heute dem Versuch hin, selbige Bedenken auszuformulieren, ohne alle Nicht-Techies abzuhängen. Zunächst mal muss man ungefähr begrifflich fassen, was »Onlinedurchsuchung« sein soll. Im Regelfall meint man damit, dass in ein fremdes Computersystem eingedrungen werden soll und dort Daten geholt oder manipuliert werden (Detailunterscheidungen in Datenbeschlagnahmung, Quellen-TKÜ o.ä. unterlasse ich jetzt mal). Nun ist der vielfach herzitierte Vergleich mit der Hausdurchsuchung ein problematischer, weil Computer üblicherweise keine virtuelle »Tür« haben. In der Realwelt wird eine Tür eben eingetreten oder das Schließsystem anderweitig umgangen (ja, es gibt elegantere Wege, die kenn ich auch). Sowas ist jetzt erstmal bei einem Computersystem nicht zwangsweise möglich, weil es nichts gibt, was man im Zweifel mit roher Gewalt (Türe) überwinden kann. Um dennoch in ein System einzudringen, macht man sich üblicherweise Sicherheitslücken in Systemen zu Nutze. Und hier kommen wir meiner Ansicht nach zum Kern des Problems: Nämlich der Umgang mit dem Wissen über Sicherheitslücken. Im Hacker-Slang unterscheidet man manchmal zwischen Whitehats (»gute« Hacker) und Blackhats (»böse« Hacker). Whitehats sind solche, die ihr erlangtes Wissen über Sicherheitslücken lediglich dazu nutzen, diese zu beheben, indem sie etwa den Hersteller des Systems/der Software informieren und die Lücke anschließend publizieren. Blackhats sind solche, die die Kenntnis über Sicherheitslücken nutzen, um in fremde Systeme einzudringen. Nun haben wir den etwas ungewohnten Fall, dass der Staat als Blackhat agieren will, sprich Sicherheitslücken NICHT publiziert, weil er sie für Onlinedurchsuchungen nutzen möchte. An diesem Punkt wird auch klar, dass das Thema eben nicht nur für die von einer Durchsuchung Betroffenen relevant ist, sondern für praktisch jeden. Woher der Staat diese Informationen bekommt, wäre eine eigene spannende Frage. Nun ergeben sich daraus einige interessante Folgefragen. Ab und an kommt es ja vor, dass ein Computervirus mal eben das halbe Wirtschaftsleben lahmlegt (vor nicht allzu langer Zeit wurde ein Großteil der Rechner der Deutschen Post befallen). Bei zukünftigen derartigen Fällen wird man, nicht zu Unrecht, die Frage stellen, ob ein solcher Vorfall möglicherweise hätte verhindert werden können, hätte der Staat sein Wissen über Sicherheitsprobleme mit dem Rest der Menschheit geteilt. Was das für eventuelle Schadensersatzansprüche bedeutet, damit mag sich ein ambitionierter Jurist vielleicht einmal beschäftigen. Ein weiterer, möglicherweise durchaus nicht unspannender Aspekt, der sich auftut: Der Staat begibt sich hier auf ein Gebiet, auf dem gewisse Regeln nicht unbedingt so gelten wie andernorts. Um oben genanntes Beispiel einer Hausdurchsuchung heranzuziehen, dürfte es in aller Regel so sein, dass ein Staat eine Hausdurchsuchung durchsetzen kann, egal in welcher Form sich die Hausinsassen wehren, aus dem simplen Grund, dass der Staat ein übermächtiges Repertoire an Gewaltmitteln zur Verfügung hat (zumindest gilt derartiges für westeuropäische Industrieländer). Nun begibt sich der Staat in Außeinandersetzungen, wo dieser Vorteil plötzlich schwindet. Was der Staat hier tut, darauf hat er kein Monopol. »Onlinedurchsuchung«, das kann der Spammer, der Terrorist oder der Feierabendhacker möglicherweise genau so gut.
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Sunday, February 24. 2008Die Gesellschafter
Schon im vollen Gange, aber da das vielleicht nicht jeder mitbekommt: Ausgehend von der Aktion Mensch laufen gerade in vielen Kinos Filme im Rahmen der Aktion »Die Gesellschafter«.
Das Konzept: In Kinos werden Filme gezeigt, die gesellschaftliche Themen anreißen, zum Großteil solche, die es ohne die Aktion wohl garnicht in die deutschen Kinos geschafft hätten. Dabei beteiligen sich lokale Gruppen, die zu diesen Themen aktiv sind, mit Infoständen und Diskussionen (ich persönlich hab's vor allem über den AK Vorrat mitbekommen). »A Scanner Darkly« (zum Thema Überwachung) und »Jesus Camp« (über christlichen Fundamentalismus) kenne ich schon, sind beide auf jeden Fall extrem emfehlenswert (und ich bin froh, dass wohl nur durch diese Aktion beide eine deutsche Übersetzung bekommen), aber auch das restliche Programm klingt nicht uninteressant. So werd ich hoffentlich die nächsten Tage möglichst viele der Veranstaltungen besuchen, in Karlsruhe ging's vor wenigen Tagen los. http://diegesellschafter.de/ Sunday, January 6. 2008Lange nicht gebloggt
Falls meine geneigten Leser mich schon vermissten, melde ich mich hiermit mal zurück. Ich verbrachte die Jahreswechselzeit wie üblich auf diesem und jenem Kongress (inklusive ausgelagerter, aus dem Kongressprogramm zensierter Events), wobei meine Blogmotivation diesmal eher gering und gegen Ende noch durch Erkältung beeinträchtigt war.
Zum ein- oder anderen 24C3-Talk gibt's vielleicht noch Nachbetrachtungen in den nächsten Tagen, da es aber diesmal tatsächlich zeitnah Videos gab, kann sich ja jeder selbst ein Bild davon machen. Ein paar Empfehlungen von mir: Freifunkerei (grob zusammengefasst: Staatskritik am Beispiel freier Funknetze aufgezogen), Die Wahrheit und was wirklich passierte (hab zwar inhaltlich einige Differenzen, aber kurzweilig war's allemal), Unusual Web Bugs (KEINE einführung, was eine XSS ist sollte man vorher wissen). Auf dem Jukss konnte ich dank oben genannter Erkältung deutlich weniger umsetzen als geplant. Zu erwähnen ist vielleicht, dass der diesjährige Jukss eher ein Notprogramm war, während es starke Bestrebungen verschiedener Menschen gibt, nächstes Jahr Inhalte deutlich mehr in den Vordergrund zu stellen. Solidarische Grüße an die diversen Anti-Gentechnik-Aktivisten und kleine Erinnerung an mich, dass ich endlich mal ein paar Gedanken zu Gentechnikkritik, dem Vorwurf der Technikfeindlichkeit und Technologiekritik allgemein aufschreiben wollte.
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Saturday, December 8. 2007Klima-Aktionstag
Da ich mich sowieso im Umkreis befand, beteiligte ich mich heute an der Demonstration gegen die Baustelle von europas größter CO2-Schleuder, dem Kohlekraftwerk Neurath.
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Sunday, November 18. 2007Mediales gegen Überwachung und Verfassungsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung
Beim AK Vorrat gibt's einen Kinospot. Nett gemacht, kannte ich noch nicht.
Sehr schön und auch erst vor ein paar Tagen entdeckt: Das Portal v2v. Diverse Reportagen, der Beitrag Alltag Überwachung fasst wohl das wichtigste zum Thema zusammen. Auch die anderen Sachen hören sich nicht uninteressent an. Das meiste steht unter Creative Commons Lizenzen. Ich hatte ja mal die Idee des Data Poisoning aufgeworfen (gezieltes Füllen von Datamining-Datenbanken mit Falschinformationen), Three dead Trolls in a Baggie (bekanntestes Werk ist wohl »Every OS sucks«) hatten die selbe Idee und haben dies vertont: The Privacy Song Und als letzte Erinnerung: Nebst der Klage Irlands vor dem EUGH wohl die größte Aussicht auf Erfolg, die VDS doch noch zu kippen, ist die wohl bislang größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten. Mitmachen kann man noch BIS MORGEN (Montag). Wer es also bislang noch nicht geschafft hat, sollte das unbedingt nachholen, morgen ein Postamt aufsuchen und dort drauf bestehen, dass ein aktueller Poststempel draufkommt. Update: Fabian wies mich im Kommentar drauf hin dass die Frist bis 24.12. verlängert wurde. Saturday, November 10. 2007bundestag.de lügt
Der Volksmund weiss zu berichten, dass »die da oben sowieso alle lügen«.
Heute schreibt bundestag.de zur Abstimmung über die Vorratsdatenspeicherung: Telekommunikationsdienste sind ab 2008 verpflichtet, die Daten ihrer Kunden sechs Monate lang zu speichern. Festgehalten werden sollen Rufnummer sowie Beginn und Ende der Verbindung, Datum und Uhrzeit, bei Handy-Telefonaten und SMS auch der Standort des Benutzers. Voraussetzung ist, dass die Behörden den Verdacht haben, dass jemand als Täter einer schweren Straftat in Frage kommt und die Erforschung der Tat auf andere Weise nur sehr schwer oder gar nicht möglich ist. Versehen oder bewußte Irreführung, falsch ist es in jedem Fall. Wäre es so, man müsste sich viel weniger aufregen, besagt dieser Abschnitt doch, dass nur Menschen, die als Täter einer schweren Straftat in Frage kommen, von der Datenspeicherung betroffen seien. Gerade das ist ja der größte Kritikpunkt: Die Vorratsdatenspeicherung betrifft eben alle. Dass die Öffentlichkeitsabteliung des Bundestages bei einem so brisanten Thema Falschinformationen verbreitet, die den Sachverhalt verharmlosen, das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen.
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