Auf telepolis findet man heute einen lesenswerten
Artikel zum Thema »Richtervorbehalt«. Aufgegriffen wird darin unter anderem ein Fall, über den
gulli vor einiger Zeit schon berichtete, der aber sonst trotz seiner Brisanz kaum Medienpräsenz erhielt: Ein Mensch wurde mit einer Hausdurchsuchung bedacht, weil unter Angabe seiner eMail-Adresse Leistungen genutzt und nicht bezahlt wurden. Es lag nicht der geringste technische Hinweis vor, dass der Inhaber der Mailadresse auch tatsächlich der Schuldige sei. Trotzdem unterschrieb ein Richter den Hausdurchsuchungsbefehl, der Begriff »Rechtsbeugung«, den telepolis hier verwendet, ist wohl treffend.
Das Problem ist nun, dass man in solchen Fällen zwar eigentlich Recht hat, aber dies einem eigentlich nichts nützt. Denn weder der Richter, noch die durchführenden Organe haben in solchen Fällen irgendetwas zu befürchten (»Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus«). Ähnlich ja auch geschehen bei den Massenhausdurchsuchungen im Vorfeld des G8-Gipfels, die zwar anschließend für rechtswidrig erklärt wurden, was jedoch für niemanden Konsequenzen hatte.
Desweiteren macht der oben genannte Fall auf eine Problematik aufmerksam, die sich in Zukunft noch verschärfen dürfte (Stichwort »Urheberrechtsnovelle«): Ein Richter wird mit einem Fall betraut, der eigentlich eines gewissen technischen Sachverstandes bedarf, um überhaupt eine adäquate Einschätzung zu geben. Es ist vermutlich zu erwarten, dass die Sensibilität hierfür nicht gerade steigt, wenn es »nur« um den massenhaften Abruf von Verkehrsdaten beim Provider geht, der ja durch die kürzlich verabschiedete Urheberrechtsnovelle ermöglicht werden soll.
Bei der Debatte um die diversen Verschärfungen von Sicherheitsgesetzen wird der Richtervorbehalt oft genug als Allheilmittel gegen Mißbrauch angesehen - warum eigentlich?