Wednesday, October 17. 2012Das Ärgernis GEMA
Über die GEMA könnte man viel schreiben und sich viel ärgern, etwa jedes zweite mal, wenn man auf ein Youtube-Video klickt und erzählt bekommt, dass dieses Video "in Deinem Land nicht verfügbar" ist. Ein besonders krasses Ärgernis ist aber die sogenannte GEMA-Vermutung. Sie bewirkt letztendlich, dass die GEMA Geld für Musiker kassieren kann, die überhaupt nicht bei ihr Mitglied sind.
Wie funktioniert das? Grob gesagt sagt die GEMA-Vermutung folgendes: Man geht davon aus, dass fast alle Musik von der GEMA vertreten wird und somit im Zweifel immer angenommen wird, dass die GEMA Ansprüche auf Zahlungen hat. Konkret: Wer ein Konzert ausrichten, eine CD produzieren oder sonst etwas mit Musik machen will, muss damit rechnen, von der GEMA behelligt zu werden - und zwar auch dann, wenn die betroffenen Künstler nicht bei der GEMA Mitglied sind. Denn beweisen muss man das selbst. Das führt zu absurden Situationen: Das Landgericht Mannheim forderte etwa, dass alle Musiker, die in der Freiburger KTS über mehrere Jahre aufgetreten sind, als Zeugen persönlich vor Gericht erscheinen sollten. Eine schriftliche Erklärung der Musiker reichte nicht aus. Kürzlich Schlagzeilen machte ein Fall, in dem die Musikpiraten an die GEMA zahlen sollten, weil auf einem von ihnen veröffentlichten Sampler ein Musiker vertreten war, der mit einem Pseudonym auftrat und seinen bürgerlichen Namen nicht nennen wollte. Auch hier bekam die GEMA recht. Die GEMA-Vermutung ist in der heutigen Zeit völlig absurd. Eingeführt wurde sie, als tatsächlich noch davon ausgegangen werden konnte, dass die Mehrzahl der erfolgreicheren Künstler in ihr Mitlgied waren. Heute gibt es aber zahllose Musiker und Künstler, die andere Wege gehen, die auf Creative Commons-Lizenzen setzen und die mit der GEMA nichts am Hut haben. Warum schreibe ich das alles? Weil gerade beim Bundestag eine Petition gegen die GEMA-Vermutung läuft - die ihr bitte alle SOFORT unterstützen solltet. Denn sie läuft nur noch bis heute abend und braucht noch gut 10.000 Unterstützer, damit es zu einer Anhörung kommt.
Posted by Hanno Böck
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Saturday, October 6. 2012mycare.de und die Zaubermedizin
Folgende Nachricht habe ich heute an die Onlineapotheke mycare.de geschrieben.
Sehr geehrte Damen und Herren, Lassen Sie mich kurz etwas vorwegnehmen: Ich habe bereits einige Male bei mycare.de bestellt. Die Preise sind meist günstig und die Lieferungen erfolgten ohne Probleme. Ich teile auch nicht die kulturpessimistische Sorge mancher Zeitgenossen, die Onlineapotheken für schädlich oder gar für den Untergang des Abendlandes halten. Meiner letzten bei Ihnen bestellten Lieferung lag eine Ausgabe des Magazins “Gesund durch Homöopathie”, herausgegeben von der Deutschen Homöopathie-Union (DHU), bei. Homöopathie ist keine Medizin – es ist ein Glaubenssystem, das nicht auf wissenschaftlichen Fakten beruht. Homöopathische “Medikamente” bestehen aus Substanzen, die meist so hoch verdünnt sind, dass kein Molekül der Ursprungssubstanz mehr vorhanden ist. Nach den Ideen von Samuel Hahnemann, dem Erfinder der Homöopathie, führt die Verdünnung zu einer Verstärkung des Effekts. Würde dies tatsächlich stimmen, müssten wir wohl große Teile der Biologie- und auch der Physikbücher umschreiben. So ist es kaum zu erklären, wie sich die Idee der potenzierten Information in Wasserlösungen mit so grundlegenden Dingen wie dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik in Einklang bringen lässt. Aber – niemand muss die Physikbücher umschreiben, denn alles spricht dafür, dass es sich bei Homöopathie um Pseudomedizin handelt. Zahlreiche Metaanalysen kamen immer wieder zu dem selben Schluss: Bei homöopathischen Medikamenten wirkt lediglich der Placebo-Effekt. Neben der Tatsache, dass es bei Homöopathie um Zaubermedizin geht, weise ich noch auf folgendes hin: Der Herausgeber der von ihnen verbreiteten Zeitschrift, die Deutschen Homöopathieunion, hatte erst kürzlich einen handfesten Skandal vorzuweisen. Sie finanzierte einen selbsternannten Journalisten, dessen Aufgabe darin bestand, Kritiker der Homöopathie anzuschwärzen. Die Details sind in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung beschrieben, auf den ich hier gerne verweise [1]. Aber eigentlich brauche ich Ihnen das nicht zu erzählen. Denn ich gehe davon aus, dass auch bei einer Onlineapotheke Mitarbeiter mit medizinischem Sachverstand angestellt sind. Insofern wissen sie das alles längst, vermutlich besser als ich, der ich lediglich die Kompetenz eines Laien mit Interesse für Wissenschaft vorweisen kann. Ich weiß nicht, was sie dazu motiviert, derart unwissenschaftliche Propaganda von einer Firma mit fragwürdigen Methoden zu verbreiten. Möglicherweise bekommen sie von der Deutschen Homöopathie-Union dafür Geld, möglicherweise denken sie, dass ihre Kunden derartige “Beigaben” schätzen. Ich halte es für schlicht unverantwortlich. Sie tragen dazu bei, dass unwissenschaftliches Denken gefördert wird. Als Apotheke – auch als Onlineapotheke – haben sie eine Verantwortung. Dazu gehört auch, Patienten keine unsachlichen oder falschen Informationen an die Hand zu geben. Ich werde mir gut überlegen, ob ich in Zukunft noch bei Ihnen einkaufen werde. Mit freundlichen Grüßen, Hanno Böck P.S.: Diese Mail werde ich auf meinem privaten Blog veröffentlichen. Sollten Sie mir hierauf antworten (was ich begrüßen würde), werde ich die Antwort dort ebenfalls veröffentlichen. [1] http://www.sueddeutsche.de/wissen/homoeopathie-lobby-im-netz-schmutzige-methoden-der-sanften-medizin-1.1397617 In der Hoffnung, dass ich nicht der einzige bin und irgendwann Apotheken damit aufhören, Hokuspokus als Medizin zu verkaufen. Update: mycare.de hat geantwortet: Homöopathie ist eine in Deutschland anerkannte alternativmedizinische Behandlungsmethode. So haben Arzt und Patient die Möglichkeit, neben der klassischen Medizin auch die der Homöopathie zu wählen. Viele Kunden von mycare zeigen aufgrund ihrer Bestellungen Interesse an der Homöopathie. Wir möchten dem Wunsch unserer Kunden gerecht werden und informieren daher regelmäßig mit unterschiedlichen Beilagen zu diesem Thema. Eine Beilagensperre können wir für Ihr Konto selbstverständlich einrichten, sofern Sie das wünschen.
Posted by Hanno Böck
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19:20
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