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Thursday, May 3. 2012
Zu Vroniplag und Annette Schavan
Gestern früh machten erste Meldungen die Runde, dass in einem anonymen Blog Vorwürfe erhoben wurden, Annette Schavan (CDU) habe in ihrer Dissertation abgeschrieben. Dass der Fall eine gewisse Brisanz hat, dürfte sofort klar sein: Immerhin ist Schavan Ministerin für Bildung und Forschung.
Die erste Reaktion der Ministerin bestand darin, dem Urheber der Vorwürfe seine anonymität anzukreiden. Ein typischer Ablenkungsversuch, was mir schon ein starkes Indiz dafür schien, dass die Vorwürfe stimmen werden. Es ist schließlich völlig egal, wer aus welchem Grund und mit welchen Mitteln derartige Vorwürfe erhebt. Relevant ist einzig und allein die Frage ob die Vorwürfe korrekt sind oder nicht.
Im Laufe des Tages gab es aber eine nicht unspannende Wendung in der Geschichte. Die Macher der Internetseite Vroniplag meldeten sich zu Wort. Die Arbeit von Vroniplag hat in der Vergangenheit zahlreichen Prominenten wie der EU-Abgeordneten Silvana Koch-Mehrin (FDP) den Doktortitel gekostet, die Macher haben sich inzwischen bei vielen einen guten Ruf erarbeitet. Vroniplag erklärte nun, sie hätten die Dissertation ebenfalls untersucht und seien in einer knappen Abstimmung zu dem Schluss gekommen, die Vorwürfe nicht zu veröffentlichen. Vroniplag-Aktivistin Debora Weber-Wulf bezeichnete die Doktorarbeit im Spiegel als "problematisch", aber sie sei kein mit anderen Fällen vergleichbares Plagiat. Es scheint wohl so, dass einzelne Sätze übernommen wurden, bei denen man eine Quellenangabe erwarten würde, aber eben kein Betrug in großem Stil.
Offenbar fährt Vroniplag hier eine Strategie der Form "Alles oder nichts". Plagiate werden nur dann veröffentlicht, wenn sie eindeutig sind. Ich finde das eigentlich keine sinnvolle Strategie. Was spräche dagegen, wenn Vroniplag in solch einem Fall mit einer eben differenzierten Meldung an die Öffentlichkeit geht? Was andere daraus machen - die Universität, die Politik oder auch nur die allgemeine Öffentlichkeit - bleibt dann denen überlassen.
Klar, ein Problem ist, dass eine solche Meldung schnell ein Eigenleben entwickeln könnte und alle abwiegelnden Worte es nicht in Presseberichte schaffen. Vroniplag hat sich in der Vergangenheit einen Ruf erarbeitet: Wenn dort eine Arbeit als Plagiat bezeichnet wird, stimmt es meistens. Insofern ist es verständlich, dass die dort aktiven sehr vorsichtig mit solchen Grenzfällen umgehen. Sie aber zu verschweigen ist meiner Meinung nach auch keine sinnvolle Lösung.
Die Universität Düsseldorf, an der die Dissertation geschrieben wurde, wird die Vorwürfe nun untersuchen. Das ist gut so. Vielleicht finden sie weitere Plagiate, vielleicht stellen sie fest, dass die Arbeit zwar problematisch, aber im Rahmen des tolerierbaren ist, vielleicht kommen sie zu einem ganz anderen Schluss. Aber die jetzt erfolgte Veröffentlichung des Sachverhaltes ermöglicht es der Universität überhaupt erst, sich eine eigene Meinung zu bilden.
Die erste Reaktion der Ministerin bestand darin, dem Urheber der Vorwürfe seine anonymität anzukreiden. Ein typischer Ablenkungsversuch, was mir schon ein starkes Indiz dafür schien, dass die Vorwürfe stimmen werden. Es ist schließlich völlig egal, wer aus welchem Grund und mit welchen Mitteln derartige Vorwürfe erhebt. Relevant ist einzig und allein die Frage ob die Vorwürfe korrekt sind oder nicht.
Im Laufe des Tages gab es aber eine nicht unspannende Wendung in der Geschichte. Die Macher der Internetseite Vroniplag meldeten sich zu Wort. Die Arbeit von Vroniplag hat in der Vergangenheit zahlreichen Prominenten wie der EU-Abgeordneten Silvana Koch-Mehrin (FDP) den Doktortitel gekostet, die Macher haben sich inzwischen bei vielen einen guten Ruf erarbeitet. Vroniplag erklärte nun, sie hätten die Dissertation ebenfalls untersucht und seien in einer knappen Abstimmung zu dem Schluss gekommen, die Vorwürfe nicht zu veröffentlichen. Vroniplag-Aktivistin Debora Weber-Wulf bezeichnete die Doktorarbeit im Spiegel als "problematisch", aber sie sei kein mit anderen Fällen vergleichbares Plagiat. Es scheint wohl so, dass einzelne Sätze übernommen wurden, bei denen man eine Quellenangabe erwarten würde, aber eben kein Betrug in großem Stil.
Offenbar fährt Vroniplag hier eine Strategie der Form "Alles oder nichts". Plagiate werden nur dann veröffentlicht, wenn sie eindeutig sind. Ich finde das eigentlich keine sinnvolle Strategie. Was spräche dagegen, wenn Vroniplag in solch einem Fall mit einer eben differenzierten Meldung an die Öffentlichkeit geht? Was andere daraus machen - die Universität, die Politik oder auch nur die allgemeine Öffentlichkeit - bleibt dann denen überlassen.
Klar, ein Problem ist, dass eine solche Meldung schnell ein Eigenleben entwickeln könnte und alle abwiegelnden Worte es nicht in Presseberichte schaffen. Vroniplag hat sich in der Vergangenheit einen Ruf erarbeitet: Wenn dort eine Arbeit als Plagiat bezeichnet wird, stimmt es meistens. Insofern ist es verständlich, dass die dort aktiven sehr vorsichtig mit solchen Grenzfällen umgehen. Sie aber zu verschweigen ist meiner Meinung nach auch keine sinnvolle Lösung.
Die Universität Düsseldorf, an der die Dissertation geschrieben wurde, wird die Vorwürfe nun untersuchen. Das ist gut so. Vielleicht finden sie weitere Plagiate, vielleicht stellen sie fest, dass die Arbeit zwar problematisch, aber im Rahmen des tolerierbaren ist, vielleicht kommen sie zu einem ganz anderen Schluss. Aber die jetzt erfolgte Veröffentlichung des Sachverhaltes ermöglicht es der Universität überhaupt erst, sich eine eigene Meinung zu bilden.
Posted by Hanno Böck
in Politics
at
18:27
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Defined tags for this entry: annetteschavan, cdu, dissertation, doktorarbeit, guttenberg, plagiat, schavan, vroniplag, wissenschaft
Tuesday, March 1. 2011
Guttenberg: Wie konnte es eigentlich dazu kommen?
Mich juckt es gerade in den Fingern, etwas zum Fall Guttenberg loszuwerden.
Was ich mich ja gerade die ganze Zeit frage: Warum wird eigentlich seine Uni und sein Doktorvater von der Kritik weitgehend verschont? Sein Doktorvater Peter Häberle hat sich ja inzwischen dazu bequemt, sich auch mal zu dem Fall zu äußern und Guttenberg nicht weiter in Schutz zu nehmen.
Ich meine: Wie glaubwürdig ist das denn eigentlich, dass ein Doktorvater in sieben Jahren nicht bemerkt, dass sich sein Schützling offensichtlich gar nicht selbst mit dem Thema beschäftigt? Ich gehe ja naiverweise davon aus, dass in so einem Fall regelmäßige Gespräche stattfinden, in denen man sich über das Thema unterhält und diese Gedanken fließen dann später in die Dissertation ein (zumindest läuft das so bei meiner Diplomarbeit, vielleicht mache ich ja was falsch).
Ich sehe eigentlich nur zwei realistische Erklärungen: Entweder war der Doktorvater direkt am Betrug beteiligt (halte ich für unwahrscheinlich), oder eine ernsthafte Betreuung hat schlicht nicht stattgefunden und er hat nur seinen Namen dafür hergegeben. Und das ist denke ich der zweite Skandal hier, der bislang zu wenig Beachtung gefunden hat.
(dass man eigentlich auch zumindest einen rudimentären Plagiatscheck erwarten sollte, kommt natürlich dazu, aber gut, die Bedienung von Google kann man vermutlich von einem Professor nicht erwarten)
Eine weitere Anmerkung kann ich mir nicht verkneifen: Die FAZ hat die Tage einen Ghostwriter interviewt. "Die meisten Kundenwünsche kommen sowieso aus der Betriebswirtschaft oder dem juristischen Bereich" heißt es dort - ich sags mal so, das überrascht mich jetzt nicht.
Was ich mich ja gerade die ganze Zeit frage: Warum wird eigentlich seine Uni und sein Doktorvater von der Kritik weitgehend verschont? Sein Doktorvater Peter Häberle hat sich ja inzwischen dazu bequemt, sich auch mal zu dem Fall zu äußern und Guttenberg nicht weiter in Schutz zu nehmen.
Ich meine: Wie glaubwürdig ist das denn eigentlich, dass ein Doktorvater in sieben Jahren nicht bemerkt, dass sich sein Schützling offensichtlich gar nicht selbst mit dem Thema beschäftigt? Ich gehe ja naiverweise davon aus, dass in so einem Fall regelmäßige Gespräche stattfinden, in denen man sich über das Thema unterhält und diese Gedanken fließen dann später in die Dissertation ein (zumindest läuft das so bei meiner Diplomarbeit, vielleicht mache ich ja was falsch).
Ich sehe eigentlich nur zwei realistische Erklärungen: Entweder war der Doktorvater direkt am Betrug beteiligt (halte ich für unwahrscheinlich), oder eine ernsthafte Betreuung hat schlicht nicht stattgefunden und er hat nur seinen Namen dafür hergegeben. Und das ist denke ich der zweite Skandal hier, der bislang zu wenig Beachtung gefunden hat.
(dass man eigentlich auch zumindest einen rudimentären Plagiatscheck erwarten sollte, kommt natürlich dazu, aber gut, die Bedienung von Google kann man vermutlich von einem Professor nicht erwarten)
Eine weitere Anmerkung kann ich mir nicht verkneifen: Die FAZ hat die Tage einen Ghostwriter interviewt. "Die meisten Kundenwünsche kommen sowieso aus der Betriebswirtschaft oder dem juristischen Bereich" heißt es dort - ich sags mal so, das überrascht mich jetzt nicht.
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