Kürzlich in einem Zeitschriftenladen hab ich mir gedacht, ich könnt mir ja, nur so zum Spaß, mal eine dieser vielen bunten Computerzeitungen kaufen. Um mal zu sehen, wie schlecht die eigentlich heutzutage sind. Im Normalfall les ich ja garkeine Computerzeitungen, gelegentlich kauf ich mir mal die c't oder das LinuxMagazin.
Nun, meine Wahl fiel auf die CHIP, und zwar die Version ohne CD, die war recht günstig (1,99 EUR). Dafür sind mir zwar die vielen "Vollversionen und Freeware-Programme" entgangen, unter anderem eine Anti-Spyware-Software (ich find's ja immer wieder erstaunlich, was Windows-Anwender alles brauchen), aber das konnte ich gerade noch verkraften (irgendwie schon erstaunlich, dass dieses Vollversionen-Gebrabbel scheinbar immer noch werbewirksam ist, in Zeiten von freier Software wie Firefox oder OpenOffice). Gereizt haben mich Titel wie "Hacken Sie Ihren PC, bevor es andere tun - So finden Sie garantiert alle Sicherheitslücken." (Wahnsinn, hat die CHIP das erste beweisbar sichere Betriebssystem gefunden?) oder auch "Flatrate* für 4,99* EUR/Monat auch in Ihrere Stadt!" (die Sternchen bedeuten, dass da noch was Kleingedrucktes steht, damit niemand auf die Idee kommt, CHIP zu verklagen, weils in seiner Stadt halt noch überhaupt kein DSL gibt).
Ich hatte kurz noch überlegt, eine weitere Zeitung zu kaufen (Titel ist mir entfallen), die mir versprochen hat, "Windows so sicher wie Linux und so komfortabel wie MacOS" zu machen. Aber darauf konnte ich dann gerade noch verzichten.
Nun, die Zeitschrift besteht erstmal zu circa 50% aus Werbung. Interessant ist jedoch: Die restlichen 50% sind eigentlich auch Werbung. Regelmäßige
Bildblog-Leser wissen, dass es einen Pressekodex gibt, der besagt, dass Werbeanzeigen von redaktionellen Inhalten getrennt sein sollen. Nun gibt es geradezu dermaßen offensichtlich viele Artikel, die sich wie Werbetexte anhören, außerdem so Perlen wie den auf der Titelseite angekündigten DSL-"Artikel", bei dem es sich komplett nur um eine Werbeanzeige handelt (btw., "Flatrate auch in Ihrer Stadt" gilt bspw. für Murrhardt nicht).
Im Vorwort behauptet Chefredakteur Thomas Pyczak, dass 100% der User durch Phishing verunsichert sind. Eigentlich hat mich Phishing noch nie wirklich gestört, weil irgendwie krieg ich das gebacken, obskure Mails, die meine Kontonummer wollen (ich mach mein Onlinebanking mit Chipkarte + HBCI), zu löschen, auch dass ich mich mit meinen ebay-daten nur bei ebay und nicht bei ebay.superhackingsite.com einlogge, ist mir irgendwie klar. Nebenbei filtert
ClamAV sowieso fast alle Phishing-Mails. Aber 100% sind verunsichert. Ich bin wohl ein statistischer Fehler.
Naja, wo machen wir denn weiter? "Opera besser als Firefox"! Hört sich doch gut an.
Also, das is so einer der Artikel, wo ich mich doch schwer gefragt hab, ob für sowas Geld fliest. Ein kommerzielles Produkt wird mit komplett sinnfreien Argumenten gegen ein freies Produkt in den Himmel gelobt. Spannend wär noch die Frage, ob die Vollversion der Anti-Spyware-Software von der Heft-CD auch die Spyware Opera entfernt.
Dass der Unterschied zwischen freier Software und Opera nicht 30 €, sondern eben die freie Software sind, wird ein CHIP-Redakteur vermutlich nie verstehen, also erwähnt man die Worte Open Source oder freie Software am besten garnicht.
Also, wie die darauf kommen: Sie haben eine Feature-Liste, wo sie die Browser (nebst dem IE) vergleichen. Nun hat Opera
rein zufällig alle diese Features. Leider ist die Liste falsch: Es wird bspw. behauptet, Firefox hätte keine Mouse Gestures, dafür gibt es aber Extensions.
Interessant ist auch die Interpretation von Sicherheit: So verweisen sie darauf, dass Firefox 5 ungepatchte Sicherheitslücken hat, Opera jedoch keine. Nun macht eine solche Angabe wenig Sinn, wenn nicht in irgendeiner Weise dargestellt wird, was denn diese 5 Sicherheitslücken sind, ob das wirklich "Lücken" sind oder nur Bugs, die unter Umständen Sicherheitsrelevant sind (was ich für warscheinlich halte, aber es ist sowieso sinnfrei, weil sich das ständig ändert). Ein anderer Aspekt dabei ist jedoch auch, dass Firefox einen offen lesbaren Bugtracker hat, der von Opera ist intern.
Naja, irgendwie geht das dann halt so weiter. In einem Artikel über Tiger wird gelobt, dass Apple schon jetzt eine Desktopsuchmaschine bietet und dabei Microsoft voraus ist, aber geflissentlich ignoriert, dass
Beagle unter GNOME auch schon einsatzfähig ist.
Die Ankündigung von PGP 9 liest sich vollständig wie ein Werbetext: "Mit einer völlig neuen Architektur will der Hersteller für noch mehr Sicherheit sorgen." Krass. Mehr Sicherheit. Klingt ja toll. (Zu PGP 9 hat
RabenHorst was geschrieben)
Irgendwie hatte ich dann keine Lust mehr, mir das weiter anzutun.
Die Anzahl an realen redaktionellen Inhalten hätte man vermutlich auf wenigen DIN A4 Blätter unterbringen können (ein Interview mit dem Manager der Ärzte zum Thema Filesharing war ganz interessant, ein Kommentar zur Vorratsdatenspeicherung vom Deutschen Anwaltsverein, viel mehr war nicht zu finden), die große Masse ist ein Werbeprospekt und ein Haufen Altpapier.
Da diese Verdummungsblättchen anscheinend erfolgreich verkauft werden, wird einem vielleicht etwas klarer, warum so viele Anwender meinen, ein Anti-Viren-Programm sei sinnvoll, eine Personal Firewall ein gutes Konzept und Windows unersetzbar.
Gehört eigentlich zum wiederholten Male nicht wirklich in die Kategorie "Bücher", aber gut ...Irgendwann letzte Woche sind mir im Einkaufszentrum beim Zeitschriftenstand eine Menge bunter PC-Fachzeitschriten ins Auge gestochen, da ich eigentlich
Tracked: Aug 13, 02:53