Die letzten Tage machte die Meldung Schlagzeilen, dass nun
in Frankreich der Kernfusionsreaktor ITER gebaut werden soll. Leider wird immer noch allzu häufig das Märchen von der unerschöpflichen, sauberen Energiequelle heruntergebetet, was doch allzusehr an die frühen Versprechungen der Atom(spaltungs)technologie erinnert.
Bei der Kernfusion soll die Energie genutzt werden, die beim "Verschmelzen" von Atomkernen entsteht, der selbe Vorgang, der auch die Sonne am "brennen" hält. Wegen der großen Hitze, die dabei entsteht, kann eine Fusion nur in einem Magnetfeld schwebend stattfinden. Neben dem
ITER wird in Greifswald der
Wendelstein 7-X geplant.
Die Fertigstellung beider Reaktoren steht völlig in den Sternen und wird voraussichtlich ein- bis mehrere Jahrzehnte dauern. Viel länger, als uns die Bedrohung durch die aktuelle Energieversorgung durch Kohle, Öl und Uran Zeit lässt. Weder der ITER noch der Wendelstein 7-X sind darauf ausgelegt, Energie zu produzieren, sie sollen lediglich dazu dienen, zu beweisen, dass eine kontrollierte Kernfusion theoretisch möglich ist.
Ein energieproduzierender Fusionsreaktor liegt noch weit ferner in der Zukunft. Es ist ausgesprochen fraglich, ob überhaupt jemals ein funktionierender Kernfusionsreaktor fertiggestellt wird, es wäre bei weitem nicht das erste Wahnsinnsprojekt der Atomindustrie, das schlicht an der Machbarkeit scheitert (Schneller Brüter in Kalkar, Hochtemperaturreaktor in Hamm-Uentrop).
Obwohl der energietechnische Nutzen äußerst fraglich ist, verschlingt die Fusionsforschung Milliarden an Fördermitteln. Gelder, die im Bereich unbedenklicher, regenerativer Energien (Photovoltaik, Erdwärme, Gezeitenkraftwerke - es gibt noch viel, was längst nicht ausgeschöpft ist) weit besser angelegt wären. Hätte man in der Vergangenheit nur einen Bruchteil dessen, was an Förderung in die Atomspaltung und die Fusionsforschung ging, in ökologische Energieformen investiert, wären wir vermutlich von einer Vollversorgung nicht mehr weit entfernt. Auch die rot-grüne "wir-machen-doch-den-Atomausstieg" Regierung fördert die Kernfusion mit großen Summen.
Ein weit verbreiteter Irrtum ist ebenfalls, dass Kernfusion "sauber" sei. Es entstehen zwar geringere Mengen an Atommüll (die Reaktorwände müssen vermutlich wegen Strahlenbelastung regelmäßig ausgetauscht werden), diese sind jedoch nach wie vor ein ungelöstes Problem. Die Niedrigstrahlung im Normalbetrieb, ein
weithin unterschätztes Problem auch aktueller AKWs, ist vermutlich durch entweichendes Tritium und andere Gase ebenfalls sehr kritisch. Ob die Kernfusion noch zu bislang unbekannten Gefahren führt, steht in den Sternen, da die gesamte Technologie bisher ja lediglich in der Theorie existiert.
Kernfusionsreaktoren sind zwangsweise Großanlagen, die unter der Kontrolle weniger, großer Firmen stehen. Die größte Angst der großen Energieversorger wie e-on und EdF ist eine dezentrale, auf regenerativen Energien basierende Stromversorgung, in der sie nicht mehr gebraucht werden. Deshalb wollen sie Großtechnologien, deren Sinn sehr zweifelhaft ist.
Links:
Frankreich strahlt (telepolis)
Reseau Sortir du nucleaire zum ITER (französische Anti-Atom-Initiativen)