Die Grünen haben, wie ja die letzten Tage an vielen Stellen vermeldet, einen Entwurf für ihr Wahlprogramm zum Thema "Digitale Gesellschaft" online gestellt und lassen ihn ganz modern
per Wiki diskutieren. Nun isses ja mit grünen Programmen so eine Sache. Die klingen manchmal ganz sinnvoll, ham aber leider, wie man auch hier wieder sieht, nur allzu wenig mit grüner Realpolitik zu tun.
Hab mir mal die Mühe gemacht, den Entwurf im einzelnen außeinanderzunehmen (ich beziehe mich auf den Originalentwurf, da das Wiki ja in permanenter Veränderung ist und dafür auch niemand politisch verantwortlich gemacht werden kann).
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nehmen schon lange Fragestellungen einer sich entwickelnden Wissensgesellschaft ernst.
Historischer Einwurf: Ich habe bereits 1999, damals noch als Grüner, gefordert, dem Thema mehr Bedeutung zukommen zu lassen, ist etwa
hier dokumentiert, was damals kaum jemand beachtet hat.
Bei der Entwicklung von eGovernment-Lösungen sollte aus Gründen der Nachhaltigkeit und der Transparenz Freier Software der Vorzug gegeben werden.
Elster war ein Projekt unter rot-grün.
Dem Datenschutz und der IT-Sicherheit kommt in den Zeiten der "Digitalen Demokratie" eine besondere Bedeutung zu.
Ja, dem Datenschutz kommt bei rot-grüner Politik wirklich eine besondere Bedeutung zu, nämlich die, dass man ihn eigentlich möglichst schnell entsorgen will (Biometrie-Pässe, ALG2 um nur mal die krassesten Auswüchse zu nennen).
BÜNDNIS 90 / Die GRÜNEN haben deswegen mit der "Barriefreien Informationstechnik-Verordnung" (BITV) sicher gestellt, dass die Web-Angebote aller Bundesbehörden bis Ende 2005 barrierefrei sind.
Ja, die BITV ist eine gute Idee. Wenn man sie auch
umsetzen würde. Achja, für Parteien
gilt die BITV leider nicht.
(Mehr Infos, was die BITV ist, findet man bei
Einfach für alle.)
Jetzt kommt mein Lieblingssatz:
Wir fordern deshalb eine RFID-Kennzeichnungspflicht im Verbraucherbereich sowie die Möglichkeit zur Entwertung der Chips.
Ja! Super-Idee! Find ich klasse, das mit der Möglichkeit zur Entfernung der Chips.
Gilt das auch für Reisepässe???
Wir fordern eine durchsetzungsstarke digitale Privatkopie im Urheberrecht, die nicht durch Kopierschutzmaßnahmen ausgehebelt werden darf.
Das hat man ja bei der Urheberrechtsnovelle gemerkt...
Wir wehren uns außerdem gegen Versuche von sicherheitspolitischen ScharfmacherInnen, im Zuge der Terrorismusbekämpfung Verschlüsselungsverbote und die Verpflichtung zur Hinterlegung von Kryptographie-Schlüsseln durchzusetzen.
Jaja, diese bösen, bösen sicherheitspolitischen ScharfmacherInnen (muss schon sein, korrekt ge-gendert).
Deren Parteibuch schaun wir uns besser nicht so genau an.
Deswegen lehnen wir zentrale Filtermaßnahmen im Internet ab. Wir befürchten eine akute Gefährdung für offene und transparente Kommunikations-Strukturen, sowie für die Informations- und Meinungsfreiheit - und damit auch für die demokratische Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft.
Ja, gegen Zensur, sowas machen ja nur undemokratische Staaten wie China oder (damals noch rot-grün) Nordrhein-Westfahlen.
Wir wollen Freie Software fördern.
Hmja. Das klingt ja so ganz nett. Hätt ich prinzipiell nix dagegen. Nur ist das für mich grad irgendwie sowas wie der dritte Schritt vor dem ersten.
Von einer Partei, die zwei Gesetzen, die zur illegalisierung von freier Software geführt haben, mitzuverantworten hat, klingt es etwas absonderlich (Anm.: Das Jugendschutzgesetz verbietet das bewerben und vertreiben von Spielen ohne Altersfreigabe, was somit für alle freien Spiele gilt, das neue Urheberrecht, auch als "das deutsche DMCA" bezeichnet, führt zu so absurden Dingen, dass es nicht legal ist, eine DVD mit Hilfe freier Software anzuschauen).
Das System der "Offenen Codes", der "Offenen Standards" ermöglicht einen fairen Wettbewerb, beugt Monopolen vor und sichert Innovation.
Ja, Standards sind eine
gute Idee.
Keine Softwarepatente
Achja, die lieben Softwarepatente. Ich erinnere mich, wie ein Redner auf der Demonstration in Karlsruhe meinte, man muss genau aufpassen, von denen, die behaupten, gegen Softwarepatente zu sein, ist mindestens die Hälfte für Softwarepatente.
Das Fernbleiben von Renate Künast im EU-Ausschuss, zwar viel "wir sind dagegen"-Gerufe, aber das skandalöse Verhalten von Justiz- und Wirtschaftsministerium gegen en erklärten Beschluss des Bundestages schien auch niemanden dazu anzuregen, die Zweifelhafte Rolle insb. von Brigitte Zypries in der Regierung zu thematisieren, der
rechtspolitische Sprecher der Grünen, Jerzy Montag (den hatten wir oben schonmal), macht sich für Softwarepatente stark...
Alles in allem irgendwie doch ein klares Jein der Grünen zu Softwarepatenten.
Jetzt wird's gaaaanz demokratisch. Der Programmentwurf der Grünen darf in einem Wiki diskutiert werden wie freundlich.
Tracked: Jun 04, 11:45
In der Blogosphäre kommt die Idee durchweg gut an, den Vorschlag für einen Teil des Wahlprogramms offen im Wiki auszuarbeiten (siehe mein Beitrag gestern). Kritik gibt es daran, dass die Grünen ihre Forderungen innerhalb der Koalition mit der SPD ni...
Tracked: Jun 04, 13:06
Die Gr? haben, wie ja die letzten Tage an vielen Stellen vermeldet, einen Entwurf f?hr Wahlprogramm zum Thema "Digitale Gesellschaft" online gestellt und lassen ihn ganz modern per Wiki diskutieren. Hier, um genau zu sein. Via Hanno´s Weblog.
Tracked: Jun 04, 21:35