Ich möchte hier mal ein paar Gedanken niederschreiben, die ich mir in jüngerer Zeit über die Entwicklung deutschsprachiger Blogs gemacht habe.
Als ich mit bloggen angefangen hab, da war das ungefähr so: Blogger waren irgendwie ein bißchen Links (mal mehr, mal weniger), meistens stark Computer-affin, man war gegen Softwarepatente und Digital Rights Management, fand Microsoft und die Mainstream-Musikindustrie irgendwie doof und hielt Klingeltöne für den völligen Untergang jedlicher Kultur. Zudem war es üblich, das gebloggte in irgendeiner Weise unter einer freien Lizenz zur Verfügung zu stellen.
Darüber wurde gebloggt und man fühlte sich irgendwie kuschelig wohl dabei.
Dann kam da so eine Bundestagswahl und plötzlich meinten alle möglichen Politiker, sich bloggenderweise betätigen zu müssen. Der neoliberal-grüne
CDU-Fan Oswald Metzger war einer der Pioniere, neuerdings denkt die bayrische Einheitspartei mit Namen CSU, das sie
den ersten offiziellen Partei-Blog betreiben (erstens heißt des DAS blog und zweitens hat selbst die
Bergpartei hat schon gebloggt, als man in Bayern bei Blog vermutlich noch an Zeichenblöcke gedacht hat).
Ich nehm das ganze Blog-Theater grad mit ziemlich gemischten Gefühlen wahr, was ich mal exemplarisch an einem Beispiel erläutern möchte. Die
bloggende Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, die bekanntlich sich entgegen eines Votums des gesamten Bundestags auf EU-Ebene für Softwarepatente stark gemacht hat, die als glühende Verfechterin eines massiv verschärften Urheberrechts gilt, die sich für das "deutsche DMCA" und die sogenannte Kopierschutzklausel verantwortlich zeichnet, die mehrfach bereits verlauten lies, dass sie von Privatkopien nichts und von Fair Use wenig hält, die DRM toll findet etc. pp.
Kurzum, Brigitte Zypries steht so ungefähr für alles, was dem Mainstream der deutschen Blogosphäre verhaßt ist. Das wäre ja erstmal nichts verwerfliches, ist doch der Austausch von gegensätzlichen Meinungen, das "konstruktive Streiten" immer eine gute Sache, es ist gar eine wesentliche Eigenschaft der meisten Blogs, durch Kommentare und Trackbacks (die leider von immer mehr Leuten deaktiviert werden, aber das ist ein anderes Thema) solches zu ermöglichen.
Nun bloggt Brigitte Zypries nicht über Softwarepatente. Sie bloggt platte Wahlkampfparolen (dafür brauch ich keine Blogs, das krieg ich auch im Fernsehen), sie bloggt
über Darmstadt 98 und vieles mehr. Nun darf ja jeder Bloggen, worüber er möchte, meinetwegen über den Kaninchenzüchterverein. Aber Brigitte Zypries ist eben nicht nur Fußballfan, sie ist maßgeblich politisch Verantwortlich für vieles, was in meinen Augen den Interessen derer, die sich ein freieres Internet wünschen (und dazu zählen üblicherweise eben auch Blogger), entgegen läuft.
Eine Beobachtung, die ich immer wieder mache, dass Politiker-Blogs häufig keine Trackbacks unterstützen, wenig auf andere Blogs verweisen und allgemein sehr häufig eher garnicht von dem unterscheiden, was Politiker bisher auch gemacht haben: Platte politische Parolen von sich geben. Nur nennt man das ganze halt neumodisch Blog.
(Kleiner Hinweis: Es gibt durchaus das ein- oder ander Politik-Blog, das sich von oben beschriebenem unterscheidet, etwa die
NRW-SPD oder die
Grüne Jugend. Die gab's aber auch schon vor der "Jeder-Politiker-braucht-ein-Blog"-Welle.)
Nachdem anscheinend mittlerweile jeder Politiker mit Bundetagsambitionen der Meinung ist ein Weblog zu brauchen (Hanno hat eine sehr passenden Artikel zum Thema) zeichnet sich am Horizont schon der nächste Trend ab (zumindest unter CDU/CSU-Politikern). Ma
Tracked: Aug 18, 11:13