Gestern entschied das Bundesverfassungsgericht, das deutsche Gesetz zum europäischen Haftbefehl erstmal für nichtig zu erklären. Eine erfreuliche Entwicklung, die auf eine sehr problematische Entwicklung aufmerksam macht.
Worum geht es? Der EU-Haftbefehl besagt im wesentlichen, dass Menschen, gegen die in einem EU-Land ein Haftbefehl vorliegt, von jedem anderen EU-Land ausgeliefert werden müssen. Das gilt auch dann, wenn die vorgeworfene Tat im Aufenthaltsland des Betroffenen nicht strafbar ist.
Was das bedeutet, wird einem vielleicht klarer, wenn man sich klarmacht, dass es in den letzten Jahren verstärkt zu Wahlerfolgen von rechtsextremen bis hin zu eindeutig faschistischen Parteien in EU-Staaten kam.
- 2000 ging in Österreich die ÖVP eine Koalition mit der rechtsextremen FPÖ ein.
- Seit 2001 regiert in Italien ein Bündnis des Rechtspopulisten Berlusconi mit der Lega Nord und der Post-Faschistischen Alleanza Nazionale.
- 2002 erzielte der rechtsextreme Jean-Marie Le Pen einen Überraschungserfolg bei den französischen Präsidentenwahlen und qualifizierte sich für die Stichwahl.
- Die Lijst Pim Fortuyn, Partei des 2002 ermordeten Rechtspopulisten, gewann 2002 überraschend viele Parlamentssitze und war zeitweise an der Regierung beteiligt.
Dass die Beteiligung von Rechtsparteien an Regierungen zu massiven Repressionsverschärfungen und Menschenrechtsverletzungen führen kann, konnte man besonders deutlich bei den Protesten gegen den G8-Gipfel im italienischen Genua 2001 sehen. Dass man sich vor solchen Tendenzen nun innerhalb der EU überhaupt nicht mehr schützen kann, beunruhigt doch sehr.